Den Mut finden für Farben und Formen

Walter Lindenmaier

Im Flur in Walter Lindenmaiers Wohnung hängt das Bild einer Malerin mit Behinderung. Walter Lindenmaier beschreibt es so: „Es ist sehr farbig mit viel Gelb und Orange und einem intensiven Blau, die Farbfelder sind nicht chaotisch, sondern gut voneinander getrennt. Es zeigt eine Person mit ausgestrecktem Arm, deren Umgebung man als Strand, Meer und Himmel interpretieren könnte, es erinnert mich an Strandbilder von Picasso.“

Walter Lindenmaier, der selbst sporadisch malt, hat sich schon immer für die „Kunst von Außenseitern“ - die auch „l´art brut“ genannt wird - interessiert: Seit Jahren besucht er solche Ausstellungen zum Beispiel in Lausanne (www.artbrut.ch) oder in Heidelberg (http://prinzhorn.ukl-hd.de/).

Das Bild in seinem Flur stammt jedoch nicht von dort, sondern aus der Kunstwerkstatt im Wohnheim Hirschmannstraße der Diakonie Stetten in Esslingen. Walter Lindenmaier hat sie selbst vor vielen Jahren mit aufgebaut: Immer donnerstags von 18 bis 20 Uhr treffen sich sechs oder sieben Bewohner des Hauses im „Atelier“ im Erdgeschoss, um unter seiner Anleitung künstlerisch aktiv zu sein.

Es sei berührend zu erleben, wie Menschen, die sich früher vor jedem Farbklecks auf Hand oder Hemd fürchteten, allmählich den Mut finden, mit Farben und Formen ihren Emotionen Ausdruck zu verleihen. Etwa jener Mann, der früher nur mit dem Lineal zu zeichnen wagte und heute in der Lage ist, Portraits anzufertigen oder auch seine eigenen aggressiven Emotionen bildlich darzustellen. Wichtig sei ihm, dass auch ältere Menschen an diesem Prozess teilhaben können. „Man muss sehr viel mit ihnen reden - nicht über Kunst, sondern über das, was sie beschäftigt“, erzählt der Diplom-Pädagoge.